Gefangennahme von Jugendlichen wird Thema im Landtag
"Mir war kalt und ich hatte Hunger"
Von Frank Überall
Schwere Vorwürfe gegen die Kölner Polizei: Beim Treffen von Rechtsradikalen am Wochenende sollen jugendliche Demonstranten unzulässig lange in Käfigen festgehalten worden sein. Am Donnerstagnachmittag (25.09.08) befasst sich der Innenausschuss des Landtags mit dem Thema.
Jugendliche Demonstranten in Köln
Mehr als 70 jugendliche Gegendemonstranten waren in Gewahrsam genommen worden, zusätzlich mehr als 330 Erwachsene. Aus dem Kreis dieser Gruppen sollen Straftaten begangen worden sein, begründete die Polizei die Maßnahmen. Die Landtagsabgeordnete Monika Düker von Bündnis 90/Die Grünen kritisiert die Polizeiführung. Sie hat inzwischen mehrere E-Mails von Mitgliedern der "Grünen Jugend" bekommen. Die Vorwürfe, die darin gegenüber der rechtspolitischen Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion gegen die Kölner Polizei erhoben werden, wiegen schwer.
"Einige minderjährige Personen wurden ohne jeglichen Vorwurf in Gewahrsam genommen", schreibt ein Jugendlicher an Monika Düker. Mobiltelefone seien beschlagnahmt worden, man habe nicht auf die Toilette gedurft, und manche hätten acht Stunden lang nichts getrunken: "Um 24 Uhr bekamen wir eine Scheibe Brot mit Belag und Wasser sowie Einweg-Decken - davon waren aber nicht genug da." Ein anderes Jugendmitglied der Grünen schrieb: "Mir war kalt und ich hatte Hunger."
"Fehler können passieren"
Diese Fälle will die Grünen-Politikerin nun im Landtagsausschuss aufklären. Das Innenministerium hat bereits angekündigt, den Politikern einen ausführlichen Bericht geben zu wollen. Innenminister Ingo Wolf (FDP) hatte die eingesetzten Beamten am Montag noch ausdrücklich gelobt. Die Kölner Polizei will zu Einzelheiten bisher keine Stellung nehmen. "Es kann aber durchaus sein, dass in einem derartig großen Einsatz Fehler passieren", räumte der Kölner Behördensprecher Wolfgang Baldes ein: "Wir gehen damit offen um, das heißt, wir gehen auf besorgte Eltern zu."
Man habe bei der Einkesselung der Demonstranten am Samstag per Lautsprecher Minderjährige dazu aufgerufen, sich bei den Beamten zu melden. Unter anderem sei ein 13-Jähriger nach Feststellung seiner Personalien frei gelassen worden, obwohl er Steine auf Polizisten geworfen hatte. Andere sollen Schlimmeres verbrochen haben, etwa Feuerwerkskörper und andere Brandsätze geworfen haben. Sechs Polizisten wurden verletzt.
Stadtdirektor äußert sich überrascht
Der Kölner Stadtdirektor Guido Kahlen (SPD) wunderte sich über die Vielzahl der festgenommenen Kinder und Jugendlichen. Als er sich auf Bitten von Parteien und Verbänden am Wochenende selbst ein Bild von der Lage machte, hatte ihm die Polizei zugesagt, nicht so viele Minderjährige in die Gefangenen-Sammelstelle zu bringen: "Als ich dann die offiziellen Zahlen hörte, war ich völlig überrascht."
Mitglieder der "Schüler gegen Rechts"
Unter den Eingesperrten sollen unter anderem auch Aktivisten der "Schüler gegen Rechts" und der "Clownsarmee" gewesen sein. "Ich habe totales Chaos bei der Polizei erlebt", berichtete Anni Pues vom Anwalts-Notdienst: "Als Anwältin ist mir der Zugang zu den betroffenen Personen, die anwaltlichen Beistand gewünscht haben, nicht gewährt worden, sondern ich wurde systematisch außen vor gehalten."
Jugendliche waren zum Teil weit angereist
Dass die Jugendlichen, die besonders lange in Gewahrsam bleiben mussten, zum Teil weit angereist waren, hatte laut Polizei zu der Verzögerung mit beigetragen. Ob dabei gegen Vorschriften verstoßen wurde, will der Polizeisprecher bisher nicht beurteilen. Die lange Gefangennahme und die Behandlung der Minderjährigen wird nicht das einzige Thema bleiben, das wahrscheinlich vor Gericht aufgeklärt wird. Die Rechtsradikalen wollen gegen das Verbot ihrer Versammlung klagen. Weitere Kritik gibt es an der polizeilichen Umstellung eines Schützenheims, in dem Jugendliche geschlafen hatten, und daran, dass angemeldete Aufzüge friedlicher Gegendemonstranten entgegen fester Zusagen nicht stattfinden durften.
Mehr zum Thema
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Blockaden an sämtlichen Zufahrtsstraßen rund um den Kölner Heumarkt haben zum Verbot des "Anti-Islamisierungs-Kongress" von "pro Köln" geführt.
Eine ausführliche Berichterstattung, sowie eine Stellungnahme des Bündnisses gibt es in den nächsten Tagen.
Wir zitieren vorerst den Antifa-KOK:
Erste, vorläufige Einschätzung der Ereignisse in Köln:
- Der geplante Kongreß der Rassisten konnte nicht stattfinden, weil die Polizei deren Sicherheit nicht gewährleisten konnte.
- Die Zahl der Rassisten, die sich überhaupt auf die Straße wagten, scheint bei <80 auf dem Heumarkt und 200 am Flughafen gelegen zu haben.
- Die Zahl der antifaschistischen DemonstrantInnen lag bei weit über 10.000. Davon beteiligten sich Tausende an den Blockaden.
- Während die Blockaden in der Innenstadt einen Ring um den Heumarkt legten und so verhinderten, daß Rassisten in nennenswerter Zahl auf den Platz gelangen konnten, hat die Deutzer Blockade der Brücke und des Deutzer Bahnhofs dafür gesorgt, daß die von der Polizei geplante Heranführung der Rassisten vom Flughafen (darunter zahlreiche Funktionäre und ausländische "Prominenz") mit Bahn und Bussen via Deuts Bf/Deutzer Brücke nicht stattfinden konnte.
- Was diesen Teil anbelangt, ist das Blockadekonzept voll und ganz erfolgreich gewesen.
- Seit dem späten Nachmittag kühlte die Polizei, insbesondere die SonderEinsatzKommandos, ihr Mütchen an den antirassistischen DemonstrantInnen. Es kam zu Jagdszenen und mehreren hundert eingekesselten AntifaschistInnen.
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Skandalöser Polizeieinsatz überschattet die erfolgreiche Blockadeaktionen
Aus Sicht des Bündnis gegen „Pro Köln“ war wie der 19.9. auch der 20. 9. ein sehr erfolgreicher Tag
Alle geplanten Aktionen von „Pro Köln“ in den zwei Tagen wurden durch unsere Aktionen des zivilen Ungehorsams verhindert. Bereits um 10 Uhr morgens standen am 20.9. die Blockaden rund um Heumarkt. Kein „Pro Köln“-Funktionär, kein hochrangiger europäischer Rassist und kein Sympathisant von Pro Köln“ kam mehr durch zum Heumarkt. Die 30 Leute, die es trotzdem schafften, ließen wir, nachdem die Polizei ihre Veranstaltung verboten hatte, um 16 Uhr abziehen. Wir und die Polizei hoben Blockaden und Sperren auf. Das Arsch – Huh Konzert ging zu Ende und eigentlich wollten alle auf dem geräumten Heumarkt nur noch den Erfolg feiern.
Beim Abzug des Blockadepunktes Rheinufer/Maritim von gut 1000 Leuten, die, auch auf Wunsch der Polizei (Einsatzleiter Temme), in einem angemeldeten Demonstrationszug zunächst zum Neumarkt ziehen wollten, kam es dann zu einem absolut unnötigen und unangemessenen Polizeieinsatz. In zwei Kesseln wurden 300 Leute am Mühlenbach/Mathiasstr. festgesetzt. Kurze Zeit später wurden bei der Auflösung des Blockadepunktes vor der Deutzer Brücke in Köln-Deutz eine weitere Gruppe von 200 Leuten in der Siegburgerstrasse gekesselt.
mehr Infos...
Während den Gegenaktionen in Köln kam es
am Samstag zu mehreren Kesseln
Hier der lustigste:
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Clownsarmee im kölner Polizeipräsidium
Am Nachmittag besuchten etwa 30 Soldaten der Clownsarmee die Kollegen im Kölner Polizeipräsidium. Nachdem es in der Vergangenheit immer wieder zu Missverständnissen gekommen war, wurde jetzt ein gemeinsamer Friedenscracker geschmaust. Die Dringlichkeit der Kooperation war kurz vor dem schwierigen Einsatz zum Antiislamisierungs-Kongress von Pro Köln eindeutig. Doch die Zusammenarbeit läuft: Ein Häuptling der Polizei wörtlich: "Wir haben jetzt eine gemeinsame Ebene gefunden. Sie dürfen alles, nur keine Blockaden!" Klingt nach einem Angebot...
Die Clownsarmee hat am Nachmittag das Kölner Polizeipräsidium besucht. Nachdem sich die Polizei anfänglich zierte und die Türen des Präsidiums verschloß konnte die Clownsarmee durch einen taktischen Meisterzug (wir tun so, als wollten wir nicht rein, wollen wir aber doch, klappt fast immer!) Zutritt zum Gebäude erlangen.
Mit der reichlich angerückten Bereitschaftspolizei im Rücken ließen sich dann auch die Häuptlinge der Cops aus dem Olymp ihres Sixpacks herab um mit den Clowns zu verhandeln. Gütig gestimmt durch die Übergabe einer Packung Cracker entschied sich die Clownsarmee, über die anfängliche Ungastlichkeit hinweg zu sehen. Ok, erst gabs die Cracker und dann sind die Clowns trotzdem rein gerockt. Aber die Cops waren zuerst unfreundlich!
Jedenfalls einigte man sich gütlich und die Clownsarmee zog robbend wieder ab. Ok, nur weil es zu Hause Vokü gibt. Jedenfalls sind Clowns und Cops jetzt ziemlich dicke. Ein Oberhäuptling der Cops erklärte hierzu: "Wir haben jetzt eine gemeinsame Ebene gefunden. Sie dürfen alles, nur keine Blockaden!"
Ein schönes Schlusswort, wir empfehlen uns und freuen uns auf Morgen!
Wir sind Clowns und wir sind frei - ihr seid bei der POLIZEI!
Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen
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