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  Kriegspropagandaspektakel in Nürnberg

Kriegspropagandaspektakel in Nürnberg

organisierte autonomie (OA) 04.08.2008 22:38 Themen:
Militarismus
 
Am 30. Juli fand in der Nürnberger Innenstadt auf dem Sebalder Platz ein Rekrutengelöbnis statt. 135 wehrpflichtige Rekruten aus dem in Kümmersbruck bei Amberg stationierten Logistik-Batallion gelobten im Rahmen dieser Kriegspropagandashow ihre Bereitschaft für Volk, Vaterland, und somit für die Interessen der herrschenden Klasse in den Krieg zu ziehen. Begleitet wurde das militaristische Spektakel von Protesten unterschiedlicher Teile der Anti-Kriegs Bewegung. Es fanden verschiedene Kundgebungen statt, u.a. vom Nürnberger Friedensforum, den Ärzten für Frieden und soziale Verantwortung. Auch ein Batallion der Rebel Clowns Army machte die Nürnberger Innenstadt unsicher und das Schülerbündnis Nürnberg unterhielt überraschte PassantInnen mit einem Improtheater zum Thema Krieg. Im Rahmen einer Kundgebung der Organisierten Autonomie fand ein öffentliches Versprechen gegen Krieg statt. s.u.

Vor 14 Jahren verabschiedete sich mit dem Abzug des Transport-Batallions 270 die Bundeswehr von der Stadt Nürnberg. Zurück blieb nach dem letzten Zapfenstreich lediglich ein sogenanntes Verbindungskommando aus 12 Reservisten. Dass nun extra Wehrpflichtige heran gekarrt wurden, um diese öffentlich zur Show zu stellen, war staatlicherseits geplant und kann sicherlich nicht als lokales Problem betrachtet werden. Die Kriegspropagandashow in Nürnberg ist kein isolierter Einzelfall. Landauf landab ziehen derzeit Rekrutierungstrupps der Bundeswehr durch Arbeitsagenturen, Bundeswehrkapellen spielen auf öffentlichen Plätzen, immer häufiger tauchen SoldatInnen im Unterricht an Schulen auf und selbst Kinderfeste und Tierheime werden in einigen Städten nicht von den Propaganda-Batallionen verschont. Und auch die Rekrutengelöbnisse werden immer häufiger in der Öffentlichkeit zelebriert. Mit diesen Aktivitäten soll das schlechte Image des Militärs aufpoliert werden und angesichts der mangelnden Zustimmung der Bevölkerung zu den Kriegseinsätzen in Afghanistan und anderswo nationalistische Stimmung gemacht werden. Die Bevölkerung soll sich an die Gegenwart der Bundeswehr gewöhnen und für die immer aggressiver werdende militarisierte Außenpolitik der BRD gewonnen werden.

Es geht wie immer in der Geschichte darum, die Bevölkerung als national denkenden Block hinter der, ausschließlich an den Interessen des Großkapitals orientierten, Kriegspolitik zu vereinen. Es soll zusammen geschweißt werden, was nicht zusammen gehört. Wir sollen mitmarschieren, aktiv oder zumindest im Geiste, wenn deutsche Soldaten den Profitinteressen der Banken und Konzerne durch Bomben und Kugeln und über die Leichen der Opfer hinweg den Weg ebnen.

Wo derart Wichtiges im Schilde geführt wird, dürfen selbstverständlich auch die großen Redner, die Propagandisten der herrschenden Klasse nicht fehlen. So wunderte es niemanden, dass mit dem CSU-Ministerpräsidenten Günter Beckstein und dem Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD), das bekannte fränkische Duo als Redner an den Start ging.



An einer von der Organisierten Autonomie initiierten Kundgebung auf dem Platz vor der Lorenzkirche, die überwiegend von Gruppen aus der radikalen Linken unterstützt wurde, beteiligten sich im Vorfeld des Militärspektakels ca. 150 Personen. Es gab Redebeiträge und kulturelle Darbietungen. Highlight der Kundgebung war das gemeinsame "Öffentliche Versprechen gegen ihren Krieg".
Die TeilnehmerInnen versprachen mit dem gemeinsamen lautstarken Sprechen des unten stehenden Textes, sich der Kriegspolitik für jetzt und immer zu verweigern.

Öffentliches Versprechen gegen ihre Kriege:


- Nie wieder Krieg - haben die Gefangenen des KZ Buchenwald geschworen, nachdem sie sich gegen Ende des verbrecherischen 2. Weltkrieges selbst befreiten.

- Nie wieder Krieg - sagten auch die NürnbergerInnen, leider erst nachdem ihre Stadt nach der Niederlage des faschistischen 3. Reichs zerstört war.

- Nie wieder Krieg - sagen auch wir hier und jetzt, in einer Zeit in der deutsche Soldaten wieder Krieg führen. Wir sagen es angesichts der Tatsache, dass sich Bundeswehrsoldaten an der Besetzung Afghanistans beteiligen und im Namen so genannter nationaler Interessen, die sicher nicht die ihren sind, Menschen töten oder selbst getötet werden.

Wir geloben denen Nix

WIr versprechen ihnen stattdessen den Gehorsam zu verweigern!


- Wir versprechen uns niemals von der Kriegspropaganda, den nationalistischen Parolen und militaristischen Spektakeln einfangen zu lassen und die Beteiligung an den Kriegseinsätzen der Mächtigen stets zu verweigern, unter welchem Vorwand diese auch immer geführt werden!

- Wir werden niemals die Waffen für die Interessen der global agierenden Konzerne und Banken erheben. Wir versprechen niemals für die Profitinteressen einer Minderheit in den Krieg zu ziehen, niemals für ihre Gier nach Öl, Rohstoffen und anderen Ressourcen die Bevölkerung anderer Länder zu überfallen und deren Blut zu vergießen!

- Niemals wollen und werden wir ihre Kriege, die nicht die unseren sind, in irgendeiner Form unterstützen. Wir versprechen stattdessen ihre verbrecherischen Kriege mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln zu bekämpfen!

- Wir versprechen über alle Grenzen der bestehenden Nationalstaaten hinweg, den ArbeiterInnen, Angestellten, Erwerbslosen, SchülerInnen und StudentInnen unsere internationale Solidarität

- Wir versprechen, uns über alle Grenzen hinweg, zusammen, heute und in der Zukunft, für eine andere Welt, eine Welt ohne Kriege, ohne Ausbeutung und Unterdrückung einsetzen.

- Dieses unser Versprechen soll unser Leben lang gelten




Im Anschluss der Kundgebung machten sich alle AktivistInnen auf den Weg, um dem öffentlichen Kriegspropagandaspektakel einen Besuch abzustatten und mit den TeilnehmerInnen der anderen Anti-Kriegs Aktivitäten den Protest fortzusetzen. Der Sebalder Platz wurde bereits mittags mehr als weiträumig abgeriegelt. An ein Durchkommen war nicht zu denken. Selbst für viele der wenigen nicht, die wirklich der militaristischen Propagandashow beiwohnen wollten. Neben den immensen Pfeifkonzerten, die aus allen Himmelsrichtungen von den Absperrungen über den Gelöbnisplatz hallten und die Reden wie auch das Gelöbnis selbst akustisch untermalten, gelang es drei Personen im abgesperrten militärischen Sicherheitsbereich (ja, der hieß wirklich so) selbst aktiv zu werden. Während der Zeremonie erhoben sie das Wort und empfahlen: "Soldaten, verweigert das Gelöbnis!"

Fazit der OA: Protest lohnt sich. Bereits die Ankündigung verschiedener Anti-Kriegs Aktivitäten versetzte die Organisatoren der Kriegspropagandashow scheinbar derart in Angst und Schrecken, dass sie das ursprünglich öffentlich geplante Gelöbnis so verbarrikadierten, dass die Öffentlichkeit faktisch ausgeschlossen blieb. Ein öffentliches Gelöbnis ohne Öffentlichkeit ist ein nicht-öffentliches Gelöbnis. Dies betrachten wir als gemeinsamen Erfolg aller KriegsgegnerInnen, die an diesem Tag aktiv waren.
 
 
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