Als einer der Zusammenhänge, die in den letzten Wochen und Monaten einen nicht unbeträchtlichen Teil seiner politischen Energien auf die Organisation des Protests und Widerstands gegen das Gelöbnis in München verwandt haben, möchten wir hier über die Ereignisse berichten und ein knappes Resümee zu ziehen.
Unser Fazit fällt zweischneidig aus: Eine Reihe von Dingen liefen ziemlich gut, anderes hingegen war deutlich verbesserungswürdig. Doch beginnen wir chronologisch:
Im Vorfeld des Gelöbnisses sind einige Dinge gelaufen, die wir für erwähnenswert halten. Zunächst zu den direkten Aktionen: Einige Tage vor dem Gelöbnis haben Unbekannte zahlreiche Werbeplakate in München zur Anbringung antimilitaristischer Sprechblasen benutzt ( http://www.luzi-m.org/nachrichten/artikel/datum/2009/07/28/221/ ) und so unsere Kritik im öffentlichen Raum sichtbar werden lassen. Auch wurden im Monat vor dem Gelöbnis 2 Mal DHL-Packstationen in München angegriffen, wie aus der aktuellen Interim (Nr. 696) hervorgeht. In der Nacht vor dem Gelöbnis wurde schließlich – als warming-up für die Proteste – ein Bundeswehrauto in München abgefackelt ( http://directactionde.blogspot.com/2009/07/bundeswehrfahrzeug-ausgebrannt.html ).
Aber auch auf der Ebene allgemeiner Öffentlichkeitsarbeit tat sich einiges: Neben der Mobilisierung durch die Plakate und Flugblätter des Bündnisses gegen das Gelöbnis und mehreren Aufrufen linksradikaler Gruppen protestierte u.a. der Verdi-Bezirksvorstand München mit einem offenen Brief gegen das Gelöbnis ( http://www.verdi.de/muenchen/aktive_gruppen/kampagne_rettet_die_grundrechte ). Verdi München setzt damit konsequent jene Linie fort, die sie bereits zur diesjährigen NATO-„Sicherheitskonferenz“ eingeschlagen haben.
Natürlich blieb die Gegenseite auch nicht passiv: Es gab mindestens eine Hausdurchsuchung gegen den angeblichen Macher einer Gelöbnix-website und mindestens eine Gefährderansprache gegen einen Genossen. Bei den oben genannten direkten Aktionen hingegen scheinen die Bullen niemanden erwischt zu haben – was ihnen wohl die Zornesröte ins Gesicht treiben dürfte.
Die verschiedenen Formen der Mobilisierung – von der direkten Aktion bis zur Protestpostkarte – hatten zur Folge, dass sich die Münchner Bullen genötigt sahen 1300 cops aufzubieten, um das militaristische Spektakel zu schützen. Das wiederum schlug hohe Wellen im Münchner Blätterwald: Die tz machte die Absurdität (1300 Bullen zum Schutz von 500 Rekruten) zur Titelschlagzeile, während die AZ mit einem 1-seitigen Interview mit Gelöbnis-Gegner und Liedermacher Konstantin Wecker den Kritikern viel Aufmerksamkeit zuteil werden ließ. Auch die Bundeswehr selbst steigerte sich in polizeiliche Bedrohungsszenarien hinein und riet ihren Soldat_innen, nicht in Uniform sondern in zivil zum Marienplatz zu gehen.
Unser Fazit über diese Entwicklungen im Vorfeld des Gelöbnisses fällt recht positiv aus: Es ist einiges passiert und der Protest wurde im Vorfeld öffentlich recht stark wahrgenommen. Ein Faktor dabei, mit dem wir wohl auch in Zukunft sicher rechnen können (und müssen), ist die Paranoia der Münchner Bullen: Wenn sie denken, es könnte auch nur irgendwas passieren, werden sie ein Großaufgebot mobilisieren, das zwar in keiner Proportion zu unseren realen Kräften steht, aber zugleich den zivilen Anstrich ihrer Veranstaltungen zunichte macht und ihnen somit auch selbst auf die Füße fällt (vgl. z.B. bei der „Sicherheitskonferenz“ und jetzt beim Gelöbnis).
Der Tag selbst zeigt hingegen unserer Meinung nach eher ein paar Mängel: Dass der Marienplatz weiträumig mit Bullen zugeschissen war, hatte man erwarten können. Wirklich krass war hingegen das massive Auftreten von bewaffneten Feldjägern in der Innenstadt schon Stunden, bevor das Spektakel begann. Zudem waren haufenweise zivile Gestalten mit Ansteckkarten des Wehrbereichs IV unterwegs, normale Zivis en masse, Polizeipsychologen auf Totred‘-Mission und allerlei unsympathisches Bürgerpack, das sich an der militaristischen Inszenierung aufgeilen wollte. 4000 allerdings waren es nicht – da hat die Münchner Presse die mutwillige Übertreibung der Bullen dankbar übernommen. 2000 pro-militaristische Gitter-Gaffer dürfte eventuell realitisch sein – und unappetitlich genug.
Aber nun zu uns und unserem Protest:
Zum einen war die Zahl der Protestierenden tatsächlich wohl nicht viel höher als 200, was wir angesichts der Mobilisierung sowohl durch das Bündnis gegen das Gelöbnis als auch innerhalb der linksradikalen Szene nicht für befriedigend halten. Klar, es war Donnerstag 14:00 – aber dennoch hätte hier mehr drin sein müssen. V.a. die Tatsache, dass sehr wenig Schüler_innen am Start waren, finden wir bedauerlich. Sie hätten unter der Woche um 14:00 sicher Zeit gehabt, aber entweder die Mobilisierung wurde vernachlässigt, oder aber antimilitaristische Inhalte lassen sich angesichts zunehmender Gewöhnung an den kriegerischen Normalzustand gerade bei jungen Leuten zunehmend schlechter vermitteln. Aber dieses Tendenz war nicht nur bei den Schüler_innen festzustellen: Um gegen ein Gelöbnis zu protestieren, braucht es deutlich mehr politisches Bewusstsein als um gegen Nazis auf die Straße zu gehen.
Neben den schlichten Zahlen würden wir aber auch die Taktik in Zweifel ziehen, auf die wir uns im Vorfeld geeinigt hatten: Das vereinzelte unauffällige Rumgestehe wäre nur bei einer funktionierenden technisch-unterstützten Störvariante sinnvoll gewesen – die aber, das wurde bald deutlich, funktionierte nicht. Daran lassen sich zwei Schlussfolgerungen anknüpfen: Erstens müssen wir in Zukunft alles, was wir anwenden wollen, genau testen und uns überlegen, wie realistisch die Benutzung eingeklemmt zwischen USK und Zivis ist. Und zweitens wäre die Option des guten alten Störerblocks im Rückblick sicher effizienter gewesen als 20 handlungsunfähige Kleinstgruppen. Die solid-Jugend hat es vorgemacht: Mit Transpi, Schildern und Parolen solange stören, bis man vom Platz gehauen wird – das ist zwar nicht super-elegant, aber praktikabel und ein klares Zeichen.
Klar solche Erkenntnisse sind nicht einfach auf jeden anderen Kontext zu übertragen, aber wir sollten diese „klassische“ Variante in Zukunft wieder ernsthaft in Betracht ziehen und die unpraktikablen technischen Spielereien eher zu Hause lassen.
Trotz dieser Mängel passierte dann doch einiges: Zwei Genossen versuchten zu flitzen – was immerhin einem der beiden auch gelang. Er konnte über den abgesperrten Platz sprintend ein klar zu vernehmendes „Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg“ den Gelobenden entgegensetzen, bevor er von zwei Feldjägern festgenommen wurde. Viele standen mit Schildern am Rand und riefen immer wieder Parolen, andere machten ein die-in. Der Applaus des Militaristenmobs wurde oft von unseren Buuh-Rufen überschallt und antimilitaristische Bastler ließen ein Transparent an Ballonen aufsteigen.
Die Bullen reagierten mit Brutalität: Es gab viele Platzverweise und vereinzelte Festnahmen. Dass einem Genossen der Linkspartei dabei die Hand gebrochen wurde und Claus Schreer (Sprecher des Bündnisses gegen die Sicherheitskonferenz) beim Abführen blutige Wunden zugefügt wurden, zeigt überdeutlich, dass die Staatsmacht keinen Spaß kennt, wenn es um ihre Kriege geht.
Auch militaristische Aktivbürger beteiligten sich handgreiflich an dem vergeblichen Versuch, den Protest mundtot zu machen.
Unser Fazit lautet: In Zukunft noch besser mobilisieren, gerade an den Schulen, und noch mehr Stress im Vorfeld machen - das hat sich dieses Mal bewährt. Am Tag selbst unauffällig gekleidet in Kleingruppen auf den Platz kommen sich dann aber zu einer handlungs- und störungsfähigen Masse zusammenballen, durch die wir unseren Protest deutlich artikulieren können!
Ein autonomer Zusammenhang aus der Münchner Gelöbnix-Mobilisierung 2009
München - Gelöbnix: Hausdurchsuchung und Repression
+++Staatsschutz und Innenministerium setzen Gewerkschaften und Schulen gegen Schülerbündnis unter Druck++++
In einem aktuellen Interview mit dem Münchener Aktivisten Claus Schreer auf Radio Z Nürnberg
werden die Informationen über eine Abschaltung der Mobilisierungsnetzseite ( http://geloebnix.blogsport.de/)sowie eine Hausdurchsuchung in München im Vorfeld der Proteste gegen das Gelöbnis bestätigt: Letzte Woche war die Mobilisierungsnetzseite gegen das Gelöbnis über mehrere Tage nicht erreichbar, der Staatsschutz sorgte für die Abschaltung der Netzseite, ein autonomer Aufruf gegen das Gelöbnis rufe angeblich zu Straftaten ("Gewalt") auf. Darauf folgte eine weitere Massnahme:Am Freitag, den 24.07.2009 fand bei einem jungen Münchener Genossen eine Hausdurchsuchung statt. Computer und andere Gegenstände wurden konfisziert, ein Ermittlungsverfahren gegen den Genossen wurde eingeleitet (Im Moment keine weiteren Informationen).
Repression gegen Schülerbündnis
Weitere Repression wurde in den letzten Wochen auf das Münchener Schülerbündnis ausgeübt. Auf die antimilitaristische Kampagne gegen Bundeswehr an Schulen und Arbeitsämtern und sonstigen öffentlichen Einrichtungen antwortetet das bayrische Innenministerium mit Repression. Gewerkschaften und Münchener Schulen wurden eindringlich dazu aufgefordert , bzw. dazu gezwungen, jegliche Zusammenarbeit mit der Münchener Schülerinitiative einzustellen, bzw. diese zu unterbinden und Aufrufe nicht zu online veröffentlichen und das Verteilen von Flyern zu untersagen und unter Strafe zu stellen.
»Können nicht so tun, als seien wir rein pazifistisch«
Geplantes Militärspektakel entzweit Grüne im Münchner Stadtrat. Die sind das schon gewohnt. Ein Gespräch mit Siegfried Benker
Interview: Claudia Wangerin
Siegfried Benker ist Vorsitzender der Münchner Stadtratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen und Mitglied der Rosa Liste
Münchens SPD-Oberbürgermeister Christian Ude hat Ende März gemeinsam mit Generalmajor Gert Wessels entschieden, den Platz vor dem Rathaus für ein öffentliches Gelöbnis der Bundeswehr am 30. Juli zu öffnen. Wann und wie hat der Stadtrat davon erfahren?
Daß Oberbürgermeister Ude der Bundeswehr zugestanden hat, das öffentliche Treuegelöbnis auf dem Marienplatz abzuhalten, haben wir erst aus den Medien erfahren. Zuvor hatten wir nur Kenntnis davon, daß er mit dem Wehrbereichskommando über einen geeigneten Ort für das Gelöbnis diskutiert. Die Bundeswehr hat damals den Königsplatz oder den Odeonsplatz präferiert. Ude hat uns darüber informiert, daß er dies abgelehnt hat, weil diese Plätze durch Aufmärsche während des Faschismus historisch vorbelastet sind – und daß er weiter in Verhandlungen mit der Bundeswehr steht. Das Ergebnis konnten wir dann der Presse entnehmen.
Die Stadträte der Linkspartei haben daraufhin beantragt, die Zeremonie vor dem Rathaus abzusagen. Die Grünen im Stadtrat blieben diesbezüglich gespalten. Gab es darüber heftige Auseinandersetzungen in Ihrer Fraktion?
Wir haben das intern sehr heftig diskutiert. Gerade wegen der umstrittenen Auslandseinsätze der Bundeswehr im Kosovo und in Afghanistan. Die Hälfte der Fraktion hat daher das öffentliche Treuegelöbnis abgelehnt, die andere Hälfte war bereit, es ausdrücklich zu begrüßen...
weterlesen: www.jungewelt.de/2009/07-24/046.php
Überraschung der Woche:
Gesamte Linke akzeptiert den Nationalisten Stauffenberg als antifaschistischen Widerstandskämpfer
Die Legende des Retters der deutschen Ehre und Held der Bundeswehr ( "Operation Walküre" ) wird in der Dramaturgie der öffentlichen Medien in der Berichterstattung über das "öffentliche" Gelöbnis vor dem REICHSTAG durchgängig vorgesschaltet. Die gesamte bundesdeutsche Linke akzeptiert ohne größeren Protest die Zurichtung der antifaschistischen Geschichtsschreibung zu Kriegspropaganda.
> "Traditionspflege der Bundeswehr"...
wird fast unwiderprochen akzeptiert. Es gibt schließlich Wichtigeres. Lediglich ein paar Hundert KriegsgegnerInnen machten ihren Protest hörbar...
Rekrutengelöbnis der Bundeswehr vorm Berliner Reichstag fand im »Ausnahmezustand« statt. Antimilitaristen kritisieren »simulierte Demokratie«
Von Frank Brendle
Protest gegen halböffentliche Rekrutenvereidigung am Montag in Berlin
Foto: Rio Freibeuter
»No War« steht, nachdem die Gelöbnistruppen der Bundeswehr längst abgezogen sind, in Großbuchstaben auf dem Reichstagsrasen. Wahrscheinlich mit Hilfe von Unkrautvernichtungsmittel hatten Antimilitaristen die Parole schon vor Tagen auf dem Grün aufgebracht. Am Montag, dem 20. Juli selbst, herrschte Ausnahmezustand vor dem Parlamentsgebäude: 1500 Polizisten und Feldjäger schirmten das Gelöbnis der 400 Rekruten des Wachbataillons vor der Öffentlichkeit ab. Zutritt fanden nur knapp 2400 geladene »Ehrengäste«. Verteidigungssminister Franz Josef Jung und Bundeskanzlerin Angela Merkel (beide CDU) stimmten die Rekruten auf Auslandseinsätze in Krisen- und Kriegsgebieten ein: Sicherheit und Stabilität müßten, »wenn es sein muß, auch weit entfernt von Deutschland« geschützt werden, so Merkel. Auf die jüngsten zivilen Opfer des Afghanistan-Einsatzes gingen die Politiker mit keinem Wort ein.
Zum Opfer der Bundeswehr gerät aber auch die Demokratie im Inland: Erstmals seit 1996, als das erste »öffentliche« Gelöbnis in Berlin stattfand, waren Demonstrationen dagegen verboten. Nur eine Kundgebung am Potsdamer Platz durfte stattfinden, einen Kilometer vom Reichstag entfernt. Der Repressalie ging eine Medienhetze voraus, die den Veranstalter, das »Gelöbnix«-Bündnis, für jede tatsächliche oder vermeintliche Straftat zu Lasten der Bundeswehr in den letzten Monaten verantwortlich machte. Auch anonyme Flugblätter mußten als Begründung dafür herhalten, daß die geplante Demo als »Gefahr für die öffentliche Sicherheit« galt. Das Oberverwaltungsgericht hatte am Montag nachmittag die Beschwerde von »Gelöbnix« zurückgewiesen.
Aus Empörung über diesen Demokratieabbau hatten mehre Personen spontane Kundgebungen unter dem Motto »Versammlungsrecht verteidigen« angemeldet, die ebenfalls verboten oder mit massiven Auflagen bedacht worden waren. »Polizei und Gerichte wollten, daß Demokratie nur noch simuliert werden kann«, kommentierte das Bündnis in einer Presseerklärung.
Die Stimmung auf der Protestkundgebung, an der rund 400 Menschen teilnahmen, war kämpferisch: Das Gelöbnis wurde in Redebeiträgen als »Parade der Ehrlosen, Verbrecher und Totschläger« kritisiert. Unter anderem sprachen Heinrich Fink (VVN-BdA), der Politikwissenschaftler und Aktivist Peter Grottian und der soeben aus dem Europaparlament ausgeschiedene Politiker Tobias Pflüger (Die Linke). Nach einer Stunde wurde die Kundgebung schon beendet. Die Teilnehmer setzten um, was die Polizei vor Gericht als größtes Risiko beschrieben hatte: das »Diffundieren« kleiner Gruppen in den Tiergarten, sprich: das Einsickern in den Hochsicherheitsbereich. Einige hundert Antimilitaristen mischten sich zu Fuß und per Fahrrad unter Touristen und Spaziergänger. Auch die Polizei war mit Fahrradeinheiten unterwegs. Gegen 20 Uhr, als die Rekruten die Gelöbnisformel sprachen, erschollen »Mörder«-Rufe aus dem Tiergarten, die, wie spiegel-online berichtete, bis zum Reichstag zu hören waren. Die Polizei ging sofort auf die Demonstranten los, entriß ihnen ein Transparent und erteilte Platzverweise. Zwei Personen wurden wegen »Beleidigung« festgenommen.
In einer Abschlußerklärung zeigte sich das »Gelöbnix«-Bündnis, trotz der vergleichsweise geringen Zahl von Demonstranten, zufrieden damit, daß der Anspruch der Bundeswehr, »sich mit einem öffentlichen Gelöbnis in Szene zu setzen«, fehlgeschlagen sei.
Alles, was die Bundeswehr hört, stört.
17. Juli 2009 : Verwaltungsgericht reklamiert Friedhofsruhe für Bundeswehr
GelöbNIX-Bündnis
www.geloebnix.de
info (at) bamm.de
Verwaltungsgericht reklamiert Friedhofsruhe für Bundeswehr
Gelöbnix-Protest soll in Quarantäne bleiben
Das Verwaltungsgericht Berlin hat das faktische Verbot der Gelöbnix-Demonstration gegen das Bundeswehrgelöbnis am 20. Juli durch die Polizei bestätigt (hier das Gerichtsurteil). Erlaubt ist nun lediglich eine stationäre Kundgebung am Potsdamer Platz.
Das Verwaltungsgericht folgt einer überwunden geglaubten Logik deutschen Obrigkeitsdenkens, die Kritik am Militarismus für staatsgefährdend hält und unter Quarantäne stellen will. Das Bündnis wird Rechtsmittel vor dem Oberverwaltungsgericht einlegen.
Die Gerichtsentscheidung stützt sich insbesondere auf ein ominöses „Lärmgutachten“, das die Polizei bei der Senatsverwaltung für Natur und Umweltschutz bestellt hat.
Dieses Gutachten geht von Voraussetzungen aus, die den Grundsätzen der Versammlungsfreiheit widersprechen. Dem Gutachten zufolge ist immer dann „von einer Störung der Veranstaltung auszugehen, wenn die Lärmereignisse das Grundgeräuschaufkommen (Lärmbelastung, die in der Innenstadt vorhanden ist) um mehr als 5 dB(A) überschreiten, d. h. wenn die Störungen hörbar sind.“
Im Klartext: Alles, was die Bundeswehr hört, stört.
Dem gegenüber steht die Tatsache, dass die Bundesregierung selbst zwar angibt, die Proteste seien im Vorjahr „hörbar“ gewesen, aber nicht behauptet, dass dadurch die Würde des Gelöbnisses gestört worden sei (so die Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion, BT-Drucksache 16/10210). Es gibt mithin keinen legitimen Grund dafür, die Kundgebung an einen wesentlich weiter entfernten Ort als letztes Jahr zu verbannen.
Wenn die Öffentlichkeit massive Beeinträchtigungen ihrer Bewegungsfreiheit hinnehmen muss, weil das Militär den Platz vor dem Parlament besetzt, dann muss die Bundeswehr auch das Anhören von Protest in Kauf nehmen. So haben es Gerichte bisher stets entschieden. Wir mobilisieren deshalb weiterhin zur Kundgebung am 20. Juli, 17 Uhr am Potsdamer Platz als Startpunkt für antimilitaristische Proteste.
16. Juli 2009 : Demo gegen Gelöbnis verboten
Nur Kundgebung erlaubt – Protest gibt es auf alle Fälle
Zum ersten Mal seit es in Berlin öffentliche Bundeswehrgelöbnisse gibt, soll die Gelöbnix-Demo verboten werden. Das sieht der gestern Abend eingetroffene Auflagenbescheid der Polizei vor. Diesen Versuch, den antimilitaristischen Protest gegen die Bundeswehr mit allen Mitteln an den Rand zu drängen, weisen wir zurück.
Im Auflagenbescheid heißt es: „Die Durchführung der angemeldeten Aufzüge wird untersagt.“ Die Versammlung sei „ortsfest im Bereich der Ebertstraße zwischen Potsdamer Platz und Vossstrasse durchzuführen“. Dieser Platz ist unzumutbar, bietet keinen Zusammenhang mit dem Gelöbnisort, zudem ist zu befürchten, dass die Polizei einen Kessel um die DemonstrantInnen bilden würde.
Das Verbot einer bewegten Gelöbnix-Demonstration ist ein Freibrief für die Bundeswehr, sich auf öffentlichen Plätzen breit zu machen. Die Polizei schreibt: „Von der Bundeswehr hinzunehmen ist also eine konstruktive und wahrnehmbare Kritik, nicht jedoch das bewusste Herbeiführen von Störungen oder gar eine Verhinderung des Gelöbnisses.“ Egal wie man zu Störaktionen steht – Demonstrationen nur erlauben zu wollen, wenn sie die Bundeswehr „konstruktiv“ kritisieren, ist eines Polizeistaats würdig und ein Angriff auf die Versammlungsfreiheit. Wir sind schließlich keine Militärberater, und wir wollen auch keine Tipps für schönere Gelöbnisfeiern geben – wir lehnen das Militär und seine Zeremonien ab und haben auch ein Recht darauf.
Der Polizeibescheid bietet ein buntes Potpourri antimilitaristischer Statements unterschiedlichster Herkunft. Auch anonyme Quellen müssen herhalten, wie ein Flugblatt, das zu Angriffen auf Offiziere ermuntert. Für die Behauptung, dieses stehe „im thematischen Zusammenhang“ mit dem Gelöbnix, liefert die Polizei keine Belege.
Auf der einen Seite steht eine Angriffsarmee, die den „Einsatz“ im Ausland zur Hauptaufgabe erhebt und in der ganzen Welt kriegerische Interventionen führen will. Auf der anderen Seite stehen wir, die Angriffskriege ablehnen – und müssen sich dafür den unsinnigen Vorwurf anhören, gewalttätig zu sein.
Unser Anwalt Volker Gerloff formuliert derzeit die Klage gegen den Auflagenbescheid. Wir sind der Meinung: Wenn das Militär in die Öffentlichkeit geht, muss es mit Protest konfrontiert werden – nah und laut! Dabei ist der Rahmen einer angemeldeten Demonstration nur eine von mehreren Möglichkeiten.
Aktuelles
Hier der Auflagenbescheid.Gegen den Bescheid wurde heute, am 16. Juli 09, Klage erhoben. Das einzige, was wir richtig gut finden, ist die hübsche Übersicht, die die Bullen über diverse Gelöbnix-Störaktionen der vergangenen Jahre angefertigt haben. Nicht vollständig, aber sie zeigt doch, dass wir guten Grund dazu haben, stolz auf uns zu sein. Also, viel Spaß weiterhin
Polizei kündigt bislang umfangreichste Einschränkungen für Gelöbnix-Demo an
Die Berliner Polizei will gegen die Gelöbnix-Demonstration am 20. Juli
Auflagen verhängen, die über das bislang übliche Maß weit hinausgehen. Die Demo soll, anders als in den Vorjahren, für die Bundeswehr weder sicht- noch hörbar sein.
Während eines Gesprächs zwischen der Anmelderin und der Polizei kündigte letztere heute an, die vom Gelöbnix-Bündnis angemeldete Aufteilung in eine Demoroute zu Fuß und eine per Fahrrad nicht zu genehmigen. Es werde nur eine gemeinsame Demonstration zugelassen, so die Polizei. Zudem will die Polizei massiv in die Route eingreifen und die Demonstration auf die östliche Seite des Brandenburger Tores abdrängen. Das Gespräch endete im Dissens.
Diese Einschränkungen bzw. Teilverbote gehen über die Auflagen des
Vorjahres weit hinaus. Damals fand die Abschlusskundgebung in der
Ebertstraße auf Höhe des Holocaust-Mahnmals statt. Die Polizei
argumentierte heute, es seien damals am Reichstagsgebäude Störungen von Seiten der Demonstration wahrzunehmen gewesen.
Uns freut die Bestätigung, dass der Protest im vorigen Jahr unüberhörbar
war. Das rechtfertigt nicht die angekündigten Auflagen. Die Polizei will
offenbar nicht nur verhindern, dass das Gelöbnis gestört wird, sondern sie
will verhindern, dass Soldaten und Gelöbnis-Gäste die Demonstration
überhaupt wahrnehmen können.
Damit setzt sich die Polizeiführung jedoch über die bisherige
Rechtsprechung komplett hinweg. Sämtliche Gerichte bis hin zum
Bundesgerichtshof haben bislang stets entschieden, dass die Bundeswehr,
wenn sie in die Öffentlichkeit geht, auch mit öffentlicher Kritik leben
muss. Sie muss auch damit leben, kritische Stimmen wenigstens wahrzunehmen,
solange sie den Ablauf der Zeremonie nicht direkt beeinträchtigen, so der
Tenor der Rechtsprechung.
Die Bundeswehr ist eine Angriffsarmee, die in Afghanistan Tag für Tag
Menschen umbringt bzw. den anderen Besatzungsarmeen dabei assistiert.
Widerstand hiergegen ist notwendig und legitim.
Die Polizei macht sich zum Büttel des Militärs, wenn sie einerseits 1000
Soldaten die Besetzung des öffentlichen Raums erlaubt, andererseits die
antimilitaristische Öffentlichkeit aussperrt. Der öffentliche Raum gehört
den ZivilistInnen, nicht den Militärs! Das werden wir vor Gericht und auf
der Straße einfordern – unüberhörbar.
dpa
"Inbetriebnahme" des 1.Heldendenkmals für die Bundeswehr und Hauptstadt-Gelöbnis vor dem Reichstag !?
Bundeswehr zum Rückzug zwingen!
Am 20. Juli wird die Bundeswehr wieder zum pseudo-öffentlichen Gelöbnis vor dem Reichstagsgebäude antreten. Sie besetzt den öffentlichen Raum, um sich selbst zu bewerben.
Die Militärzeremonie soll der Bundeswehr den Schein demokratischer Normalität verleihen. Zugleich dient sie der Selbstvergewisserung des Militärs – eben jenes Militärs, das weltweit für Krieg, Mord und Zerstörung steht und das sich zunehmend auf den bewaffneten Inlandseinsatz gegen DemonstrantInnen und Streikende vorbereitet.
Grund genug, das Militaristenspektakel durcheinander zu bringen und die Bundeswehr zum Rückzug zu zwingen!
Die Rekruten und handverlesenen Gäste des Gelöbnisses werden sich um 17.30 im Bendlerblock versammeln und von dort aus um 18.30 mit Bussen zum Reichstagsgebäude fahren. Dort beginnt um 19.30 das Gelöbnis, Dauer: ca. eine Stunde.
Wir plädieren für Aktionen nach dem Motto „Getrennt marschieren, vereint schlagen“.
Es gibt eine gemeinsame Auftaktkundgebung, die um 17 Uhr am Potsdamer Platz beginnt. Von dort aus geht es dann sowohl zu Fuß als auch per Fahrrad, Inlinern oder anderen Fortbewegungsmitteln in Richtung Reichstag zur gemeinsamen Abschlusskundgebung.
Wichtig:
Überlegt Euch, wie die Bundeswehr vom Bendlerblock zu ihrem Gelöbnisplatz kommen könnte! Viele Wege führen zum Reichstag!
Einladung zu Gelöbnix-Vorbereitungstreffen
Hallo, liebe MitstreiterInnen gegen die militärische / uniformierte Zunft
Es soll am 20. Juli ein Bundeswehrgelöbnis geben vor dem Reichstag, Beginn 19.30, davor ein Empfang im Bendlerblock um 17.30 und um 18.30 Fahrt mit Bussen von dort zum Platz der Republik.
Rauchsäulen steigen überall in der Stadt empor und verdunkeln den Himmel über Berlin.
Einige wenige eingeladene Gäste sitzen verloren auf der Tribüne, der Rest von ihnen wurde vor Fahrrad-Rallyes, Inlineskatern, bunten und schwarzen umherschweifen den Haufen, die die Anreise unmöglich machen, in Sicherheit gebracht. Aus allen Ecken
tönen Signalhörner,Trillerpfeifen und Sirenen, so dass an einen feierlichen Schwur, für Rohstoffkontrolle, Migrationsabwehr und Vaterland zu morden, nicht zu denken ist. Die Älteren unter uns fühlen sich erinnert an das Rekrutengelöbnis im Bremer Weserstadion 1980. Damals brannten Polizei- und Militärfahrzeuge, schlugen sich Tausende von Demonstranten mit der Polizei, was den Auftakt gab für die Antikriegsbewegung der 80er Jahre.
Seit 1990 hat die Bundeswehr skrupellos alles daran gesetzt, weltweit einsatzfähige Interventionsarmee zu sein. Die deutsche Rüstungsindustrie boomt trotz Wirtschaftskrise und hat es bereits auf Platz drei der Rüstungsexporte geschafft, was die deutsche Regierung nicht davon abhält, ihr obendrein noch eine Million aus dem Konjunkturpaket
zuzuschanzen.
Seit zehn Jahren führt Deutschland Krieg und etabliert schrittweise den Einsatz der Bundeswehr im Inneren.
Sie bauen ein engmaschiges Netzwerk zwischen Dienstleistungsunternehmen, Forschung, Medien, Politik und Militär. Das Image der Bundeswehr muss aufgewertet werden, denn die Mehrheit der Bevölkerung ist nach wie vor gegen Kriegseinsätze. Das Außenministerium hat zum Beispiel ein Internetportal für Kinder eingerichtet, auf welcher die Bundeswehr als weltweit agierender Friedensstifter propagiert wird.
Jugendoffïziere der Bundeswehr sind in Schulen und Jobcentern im Einsatz, um Kinder und Jugendliche als Rekrutierungspotential für das Militär zu erschließen. Nichts von ihren Bemühungen läuft mehr ungestört und verdeckt, mitunter werden sie auch schon mal rosa eingestäubt,
weggefegt oder weggeputzt, stehen ihre Fahrzeuge oder Offiziersschulen in Flammen und werden führende Kriegsstrategen wie Bush, Naumann oder Jung mit Schuhwürfen von der Bühne vertrieben.
Am Straßburger Aktionscamp gegen die NATO stand zu lesen: "Barrikaden versperren die Straße und öffnen den Blick".
Ein Gelöbnix-Bündnis aus verschiedenen Gruppen bereitet jetzt eine unberechenbare Demo auf Fahrrädern,Inlineskates und zu Fuß vor, die am 20. Juli 2009 in Berlin zwischen Bendlerblock und Reichstag störend ihre Kreise ziehen wird.
Schauen wir den weiteren Kriegsvorbereitungen nicht tatenlos zu. Macht mit, beteiligt Euch, seid Sand im Getriebe der Militärmaschinerie, agiert am 20. Juli gegen das Bundeswehrgelöbnis und kommt dienstags um 19.00 Uhr zur Vorbereitung in den Blauen Salon im Mehringhof, Gneisenaustraße 2, 10961 Berlin.
Wir haben uns zu einem Bündnis zusammengeschlossen, um für diesen Tag eine Demonstration und Aktionen
vorzubereiten sowie eine Infoveranstaltung und Vorfeldaktionen.
Wir brauchen Euch als Mit-StrategInnen, Mit-PläneschmiedInnen und -VerwirklicherInnen!
Kommt zahlreich und bringt Eure Ideen mit!
Bis dann, viele Grüße!
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Kalenderblatt - 6.5.1980:
Randale bei Bundeswehrfeier
Beim Verlesen der Nachrichten am Morgen des 7. Mai 1980 unterlief der Sprecherin von Radio Bremen ein bezeichnender Fehler: "Bei der Verteidigung von 1.200 Bundeswehrrekruten ist es gestern Abend zu schweren Krawallen gekommen." Kurze Pause - dann korrigierte sie sich: "Verzeihung, bei der Vereidigung."
So falsch war die erste Formulierung eigentlich nicht gewesen. Am Abend zuvor war im selben Sender die aufgeregte Stimme eines Reporters zu hören, der live aus der Umgebung des Bremer Weser-Stadions berichtete: "Das ist wie Krieg hier!"
Was war passiert? Das Bremer Weser-Stadion sollte am Abend des 6. Mai 1980 Austragungsort der zentralen Feier zum 25. Jahrestag des Beitritts der Bundesrepublik Deutschland zur NATO sein. Programmpunkte: Eine Ansprache des damaligen Bundespräsidenten Karl Carstens, die traditionelle militärische Zeremonie mit dem Namen "Großer Zapfenstreich" sowie das Gelöbnis von 1.200 jungen Wehrpflichtigen, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen.
Säbelraseln über militärisches Brimborium
Bremen war vom damaligen Bundesverteidigungsminister Hans Apel ausgewählt worden, weil dort 25 Jahre zuvor das erste öffentliche Gelöbnis in der Geschichte der Bundeswehr stattgefunden hatte. Bremens damaliger Bürgermeister Hans Koschnick, ein Sozialdemokrat, hatte dem Wunsch Apels zugestimmt.
Hierfür hatte Koschnick von der eigenen Parteibasis schon in den Tagen zuvor heftig Prügel bezogen: Die beiden SPD-Unterbezirke Bremen-West und Bremen-Ost, die Jungsozialisten, die Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen sowie die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen, sie alle hatten Beschlüsse gegen die Feier im Weser-Stadion gefasst. Von "militärischem Brimborium" und von in Krisenzeiten "unverantwortlichem Säbelrasseln" war darin die Rede.
Stichwort Krisenzeiten - zur Erinnerung: Vier Monate zuvor waren einerseits sowjetische Truppen in Afghanistan einmarschiert und die NATO hatte andererseits ihren historischen Doppelbeschluss gefasst: Nachrüstung atomarer Mittelstreckenraketen falls die Sowjetunion nicht innerhalb einer bestimmten Frist ihre vergleichbaren Systeme verschrotten würde. Beides zusammen, Invasion in Afghanistan und Doppelbeschluss hatten zu einer neuen Eiszeit zwischen Ost und West geführt.
Die angemeldete Demonstration eskaliert
"Vor diesem Hintergrund", so hatte Bürgermeister Koschnick schriftlich an seine Partei-Gliederungen appelliert, "würde ich es nicht nur für politisch schädlich, sondern geradezu für gefährlich ansehen, wenn durch sozialdemokratische Beschlüsse in Bremen der Eindruck vermittelt würde, dass wir in dieser Phase schwieriger Politik nicht hinter den Bestrebungen der von Helmut Schmidt geführten Bundesregierung stehen."
Auch der damalige Bundesverteidigungsminister Hans Apel hatte sich schriftlich an die Bremer Genossen gewandt. Unmittelbar vor der ablehnenden Beschlussfassung des Bezirksverbandes Bremen-Ost telegrafierte Apel: "Wenn es im Weser-Stadion zu Krawallen kommen sollte, schadet das sicherlich unserer Friedenspolitik und führt angesichts dieser zentralen Veranstaltung zu weltweitem Echo. Die SPD darf mit derartigen Vorkommnissen nichts zu tun haben."
Mit "Krawallen" ist das, was sich dann am Abend des 6. Mai 1980 um das Bremer Weser-Stadion herum abspielte, nur unzureichend beschrieben: Aus der von Jusos, Jungdemokraten, Gewerkschaftsjugend, kirchlichen Gruppen sowie den Studentenvertretungen der Bremer Hochschulen angemeldeten Demonstration mit über 8.000 Teilnehmern lösten sich schon nach kurzer Zeit mehrere Hundert gewaltbereite Extremisten.
Gewaltorgie und störungsfreies Rekruten-Gelöbnis
Steine flogen und Molotow-Cocktails, Straßenbarrikaden wurden errichtet, Streifenwagen und Bundeswehrfahrzeuge gingen in Flammen auf. Im Kampf - Mann gegen Mann - prügelten Polizeibeamte und Randalierer mit Gummiknüppeln auf der einen und Zaunlatten und Eisenstangen auf der anderen Seite aufeinander ein. Bilanz der in Bremen noch nie da gewesenen Gewaltorgie: 257 zum Teil lebensgefährlich verletzte Polizisten und Soldaten, 50 verletzte Demonstranten, Sachschäden von nahezu einer halben Mio. Euro.
Das Rekruten-Gelöbnis selbst ging praktisch störungsfrei über die Bühne, nachdem Bundespräsident, Verteidigungsminister und Bremer Bürgermeister aus Sicherheitsgründen per Hubschrauber ins Weser-Stadion geflogen worden waren.
Für die CDU/CSU-Opposition in Bonn waren die Bremer Vorfälle natürlich ein gefundenes Fressen: Franz-Josef Strauß, damals Kanzlerkandidat, konnte sich über einen brutalen Angriff auf die bundesdeutsche Gesellschaft erregen, der damalige Oppositionsführer Helmut Kohl der SPD-Führung vorwerfen, sie habe weder Mut noch Kraft, sich gegen die Linken in der eigenen Partei durchzusetzen. Für einen Sieg der Union reichte es indessen weder bei den fünf Tage später stattfindenden Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen noch bei den Bundestagswahlen im Herbst.
Politisches Menetekel
Für die SPD allerdings war Bremen ein Menetekel: Erstmals hatte sich hier der Unmut der Parteibasis mit dem außen- und sicherheitspolitischen Kurs der Regierung Schmidt manifestiert - eine Entwicklung, die zweieinhalb Jahre später nicht unwesentlich zum Machtverlust der SPD in Bonn beitrug.
Barrikaden zum Eid: In Bremen sollten am 6. Mai 1980 öffentlich 1220 Bundeswehr-Rekruten vereidigt werden. Doch die Veranstaltung wurde von heftigen Ausschreitungen begleitet. Militante Demonstraten zündeten Autos an und errichteten Straßensperren. Die traurige Bilanz: 257 zum Teil lebensgefährlich verletzte Polizisten und Soldaten, 50 verletzte Demonstranten und enormer Sachschaden.