Von einem Hubwagen aus versuchten Polizei-»Kommunikatoren«, die Besetzer zur Aufgabe zu überreden
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»Der Widerstand geht weiter«, hieß es bei einer Demonstration am Samstag nachmittag im Kelsterbacher Wald. Das war auch ernstgemeint: Nachdem die Polizei am Mittwoch das Camp der Umweltaktivisten geräumt hatte, besetzten Demonstranten parallel zur Kundgebung ein leerstehendes Haus in der Flughafenstraße – auf dem Gelände, auf dem die Fraport AG, die Betreibergesellschaft des Airports von Frankfurt/Main, die Nordwestlandebahn bauen will.
Dabei setzten die Startbahngegner auf Ablenkung und Überraschung: Während rund 250 Demonstranten die Polizei im Wald mit einer Latschdemo und Faschingsversen ablenkten, ging es am anderen Ende der Stadt Kelsterbach zur Sache: Fünf Aktivisten erkletterten das Dach des Hauses und stellten so die Polizei vor eine zunächst unlösbare Aufgabe. Eine sofortige Räumung war ihr nicht möglich, weil keine Spezialeinheit verfügbar war. »Wir nehmen nicht hin, daß weiterhin Bannwald für ein derart klimafeindliches Projekt fällt«, begründete eine Aktivistin die symbolische Hausbesetzung. Auf einem auf dem Hausdach angebrachten Transparent war zu lesen: »Lebensqualität durchsetzen«.
Rund 60 Unterstützer, die zuvor im Wald demonstriert hatten, fuhren per Autokorso vor das Haus, das bis zum späten Abend besetzt blieb. Allerdings hielt sich die gute Stimmung dort nicht lange, weil die Polizei brutal gegen Demonstranten vorging. Selbst auf die »Clownsarmee« sei mit Schlagstöcken eingeprügelt worden, beklagte sich ein Aktivist. Einer der Clowns sei zu Boden geworfen und in die Rippen geschlagen worden. Einen Stelzenläufer habe die Polizei von den Stelzen gestoßen. Mehrere Zeugen berichteten, der Fahrer des Polizeiwagens mit dem Kennzeichen WI–HP 17 habe einen Clown mit einer Pistole bedroht, als er mit dem Finger in das staubige Blech des Polizeiautos ein Peace-Zeichen malen wollte. Auf die Frage des Clowns, ob er ihn umbringen wolle, habe der Polizist geantwortet, er werde dies seinen Kindern zuliebe tun. Diese Szene seien vom polizeilichen Dokumentationsdienst zunächst mit der Videokamera aufgezeichnet, dann aber gelöscht worden, sagte Sascha Friebe von der IG Ökoflughafen.
Um die Besetzung beenden zu können, habe die Polizei dann die Straße gesperrt, einen Hubwagen angefordert und »Kommunikatoren« hochgeschickt, berichtete Wolf Wetzel, der vor Jahren auch schon beim Protest gegen den Bau der Startbahn West dabei war. Die Besetzer seien aber gegen 21 Uhr wegen der Kälte freiwillig vom Dach herabgestiegen.
Im Wald waren am Samstag unterdessen seltsame Begebenheiten zu beobachten. Das ehemalige Camp der Umweltaktivisten wurde mit zweifachen Gittern umzogen, auf denen Nato-Drahtrollen angebracht sind. Dahinter hatten sich einträchtig die Mitarbeiter des von der Fraport angeheuerten Security-Dienstes Kötter sowie Polizeikräfte postiert – »ein Private-Public-Gemeinschaftsprojekt«, wie Wetzel sarkastisch anmerkte. Auch staunten Demonstranten darüber, daß der Flughafenkonzern seinen Überwachungswahn, trotz Kritik von Medien und Datenschützern nicht etwa abstellt, sondern vielmehr rechtfertigt: Schilder mit dem Symbol einer Videokamera wurden auf dem Gelände aufgestellt.